Künstliche Intelligenz, Publishing und Himbeermarmelade

Steffen Meier

Der 30. November 2022 gilt allgemein als der „iPhone-Moment der KI“: nachdem ChatGPT die Software-Version GPT-3 am 30. November 2022 für die Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich geworden war, meldeten sich innerhalb von fünf Tagen weltweit eine Million Nutzer an und war damit einige Zeit die häufigst heruntergeladene Applikation weltweit. Nach nur zwei Monaten hatte ChatGPT bereits 100 Millionen aktive Nutzer:innen im Monat. Die Folge war einerseits ein medialer Hype, viel nachvollziehbare Verunsicherung, Weltuntergangsfantasien - und eine Explosion an Tools und Anwendungsszenarien.

Was ist eigentlich KI und dieses ChatGPT?

In den Anfängen definierte die Forschung Künstliche Intelligenz (KI) als die Kapazität einer Maschine, menschliche Fertigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität nachzuahmen. Heutzutage differenzieren wir zwischen „starker KI“, die ein intelligentes Computersystem beschreibt, das vom menschlichen Gehirn nicht mehr unterschieden werden kann, und „schwacher KI“, die spezifische Aufgaben nach entsprechendem Training durch Algorithmen ausführen kann. Bisher sind alle uns bekannten KI-Implementierungen Beispiele für schwache KI.

ChatGPT ist ein Chatbot, der darauf abzielt, Konversationen zu simulieren, die dem menschlichen Dialog ähneln. Dieses KI-basierte Tool wird seit 2020 von OpenAI entwickelt, einem in San Francisco ansässigen Unternehmen, das von Persönlichkeiten wie Sam Altman und Elon Musk mitbegründet wurde und sich auf Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML) konzentriert.

Einsatzszenarien Künstlicher Intelligenz im Medienumfeld

KI wartet derzeit mit vielen Tools und Anwendungen rund um alle Medienformen auf. Im Textbereich punkten vor allem assistierende Systeme, die beim Schreibprozess unterstützen – in Form von Titelvorschlägen, Übersetzungen, Zu­sammenfassungen, Schreib-Vor­schlägen im Journalismus. Im Marketing sind es ebenfalls Textvorschläge und -bau­steine (etwa für Social Media), Werbetexte, Claims, aber auch die Optimierung von Schlagworten (im E-Commerce) oder Hashtags wird inzwischen elegant erledigt.

Im Audio-Bereich erledigt KI brav seine Dienste im Bereich Transkription (Sprache­-zu-Text) oder in der Aufbe­reitung von Audiofiles, das geht von Angleichen von Tonspuren bis zur Elimi­nierung von Verzögerungslauten (nie wieder Ähs und Öhs im Podcast!). Im Bereich Text2Speech, also der Vertonung von Textinhalten, zeigt sich dann aber noch der Unterschied zwischen KI und Mensch: das Vorlesen von Nachrichtentexten u.ä. funktioniert noch recht gut (und wird inzwischen auch von vielen Tageszeitungen eingesetzt), im Bereich Audiobooks mit unterschiedlichen stimm­lichen Spannungsbögen scheitert KI noch. Immerhin hat Google hier schon erste Duftspuren gesetzt mit „auto-narrated audiobooks“.

Im Bewegtbildbereich haben wir ähnliche Nutzungsszenarien wie Audio: viele Assistenzsysteme in der Bearbeitung und Transkription – eine Simultanübersetzung in so ziemlich jeder Sprache des Planeten mag noch nicht hundertprozentig fehlerfrei funktionieren, erleichtert aber doch für viele den Zugang – KI bringt Barrierefreiheit einen großen Schritt weiter. Im Bereich Video können inzwischen mit oder ohne Avatare schon ganz ordentliche Erklärvideos, Tutorials usw. erstellt werden. Bis zum ersten Spielfilm, komplett KI-generiert, ohne dass Mensch dies merkt, ist es aber noch ein großer Schritt.

Streit um die rechtlichen Grundlagen der KI-Nutzung

Moderne KI-Tools können beeindruckende Inhalte erstellen, jedoch fehlt ihnen das tatsächliche Verständnis für das, was sie erzeugen. Sie identifizieren und replizieren lediglich Muster – nichts mehr und nichts weniger. Dies führt beispielsweise dazu, dass eine falsche Information zu einem wiederkehrenden Muster werden kann, wenn sie häufig genug in der Datenbank auftaucht.

Zudem existieren noch einige unbeantwortete rechtliche Frage­stellungen. Die Frage der Urheberschaft alleine muss aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden. Nach aktueller Gesetzgebung werden KI-Tools nicht als Urheber anerkannt, da das Urheberrecht auf menschlichen Urhebern basiert. Es stellt sich zudem die rechtliche Fragestellung im Kontext von Data Mining.

In den USA wurde bereits der erste Prozess in dieser Angelegenheit eingeleitet. Die Bildagentur Getty Images hat Stability AI verklagt, da deren KI-Bildgenerator Millionen von Urheberrechtsverletzungen begangen haben soll, indem er die Bilder für das Training nutzte. Dies könnte den Anfang einer Welle von Klagen markieren, da in diversen sozialen Netzwerken fortlaufend KI-generierte Bilder verbreitet werden, die sogar noch das Wasserzeichen einer Bildagentur aufweisen.

Wird KI irgendwann den Menschen ersetzen?

Vielleicht. In Zeiten „schwacher KI“ reicht ein einfaches Experiment, dass der Autor dieses Artikels durchgeführt hat: bitten Sie z.B. ChatGPT um Rezeptvorschläge für Aufläufe mit beliebigen Gemüsesorten, Käse – und Himbeermarmelade. Und KI wird brav und exakt tun, was ihm befohlen wurde. Nun mag es Menschen geben, die einen Auberginenauflauf mit Himbeermarmelade übergießen, bevor sie ihn in den Ofen schieben. Allgemein wird aber die Reaktion eher sein: Igitt! Und solange KI nicht ebenfalls auf die Idee kommt, dass Himbeermarmeladen eine unpassende Zutat zu Gemüseaufläufen ist muss uns nicht bange sein.

PS: Die Einschläge kommen näher. Während GPT-3 noch stumpf oben erwähnte Rezepte ausspuckte, ist das Nachfolgemodell GPT-4 schlauer: „Das Zusammenstellen von Rezepten für Gemüseaufläufe mit Himbeermarmelade kann eine Herausforderung sein, da Himbeermarmelade in der Regel nicht für herzhafte Gerichte verwendet wird“ …

Welchen Einfluss hat Künstliche Intelligenz auf das Publishing?

  • KI-basierte Technologien haben das Potenzial, die Art und Weise, wie Inhalte erstellt, kuratiert und verbreitet werden, zu revolutionieren und den Publikationsprozess effizienter und kostengünstiger zu gestalten.
  • KI kann helfen, Inhalte besser an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen und personalisierte Erfahrungen zu bieten, was zu einer verbesserten Benutzerbindung und Loyalität führen kann.
  • Durch den Einsatz von KI können Publisher relevante Trends und Muster in großen Datenmengen identifizieren, um fundierte Entscheidungen über Inhaltsstrategien, Werbemaßnahmen und Zielgruppenansprachen zu treffen.        
  • KI-gestützte Automatisierung von Aufgaben wie Content-Kuration, Übersetzungen, Bilderkennung und Social-Media-Management kann die Produktivität von Publishern erhöhen und Zeit sowie Ressourcen sparen.
  • KI kann helfen, die Qualität von Inhalten zu verbessern, indem sie automatisch nach Fehlern, Plagiaten oder Verstößen gegen Urheberrechte sucht und so das Risiko von rechtlichen Problemen reduziert.
  • Der Einsatz von KI kann Publisher bei der Monetarisierung von Inhalten unterstützen, indem sie relevante Anzeigenplatzierungen und Preisgestaltungen optimiert, um die Einnahmen zu maximieren.

Die vorangegangen Punkte stammen übrigens von ChatGPT

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