Der Knigge der Onlinekonferenzen

Was die Höflichkeit gebietet in Zeiten von Videokonferenzen

Vor einigen Wochen haben wir bereits beim Mediendienstleister Laudert einen Einblick hinter die Kulissen bekommen können. Neben Veränderungen vor Ort und dem Gespräch über Live-Events haben wir auch festgestellt, dass sich unsere Kommunikationswege verändern.

In diesem Zusammenhang haben wir mit Anne Lück und Thorsten Hamann auch über die Höflichkeit bei Videokonferenzen gesprochen.

1. Die Frage des richtigen Mikrofons und des Umgangs

Thorsten:

[…] Ein weiteres Thema ist eine Art Konferenzen-Etikette. Wenn wir mit mehreren Leuten telefonieren, dann können nicht alle durcheinanderreden. Während solcher Calls ist es ein Gebot der Höflichkeit, dass man die Gespräche nicht über Notebook-Lautsprecher und -mikrofon führt, sondern ein Headset oder zumindest ein vernünftiges Mikrofon benutzt.
Es gibt viele Menschen, die täglich mehr als 6 Stunden mit dem Headset verbringen. Das mache ich nicht, weil mir das so viel Spaß macht, sondern weil es sonst unglaublich anstrengend ist, für einen selber, als auch für anderen, sich gegenseitig zuzuhören. Die Tonqualität von einem guten Headset ist durch nichts zu ersetzen.

Anne:

Das Thema Etikette und Disziplin wurde extrem schnell deutlich.  Wenn ich an den ersten Tag denke, als wir ein erstes kurzfristiges Teamleiter Meeting per Teams hatten, da wurde nur etwas geäußert, wenn es eine wirklich dringende Frage gab. Ansonsten wurde das Mikrofon deaktiviert. Teilweise führte das zur Verwirrung, weil es zu weniger Feedback geführt hat, einfach weil alle so diszipliniert waren und nur relevante Dinge geäußert wurden.
Auch für Referenten in unseren Webinaren, die es eigentlich gewohnt sind, vor Publikum zu sprechen und dort die direkte Reaktion zu sehen, was das Sprechen in den leeren Raum eine riesige Umstellung.

2. Sich Zeit nehmen für das Meeting

Sebastian:

Zur Etikette gehört auch, dass die Leute während einem Meeting nicht nebenbei etwas erledigen. Wenn in einem live Meeting jemand etwas nebenbei macht, dann kann der Redner darauf reagieren. In einer Telefonkonferenz sind alle gemutet und dann sieht oder hört man das nicht einmal.
So kann es passieren, dass jemand die Hälfte der Unterhaltung nicht mitbekommt, an einer völlig anderen Stelle einsteigt und dadurch den Sinn nicht versteht. Dann müssen Themen wiederholt werden und es wird alles nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet, obwohl es schon erledigt war.
Das erzieht nochmal zu einer ganz gewissen Höflichkeit, weil es normalerweise in einer Unterhaltung oder Diskussion dazu gehört, dass man versucht mit dem Kopf bei der Sache zu bleiben und sich nicht ablenken lässt.

3. Gesicht zeigen oder nicht?

Thorsten:

Bei der Höflichkeit stellt sich auch folgende Frage: Was mache ich mit der Videokamera?
Die meisten Leute bei uns in der Produktion sitzen vor mehreren Monitoren und haben keine Webcams eingebaut. Die sind auch nicht diejenigen, die den ganzen Tag in Konferenzen verbringen, weil sie ja vor Ort an ihren vernünftig eingerichteten Arbeitsplätzen sitzen.
Im IT-Bereich ist gar nicht darüber gesprochen worden, es hat sich automatisch eingebürgert, dass die Kamera an ist, wenn wir miteinander sprechen. Unser Marketing hat uns dafür sogar schöne Hintergründe gemacht, die man einblenden kann.

Die Frage, ob ich die Videokamera anmache, ist ja auch ein Thema mit Kunden:
Man lädt die Kunden zu Teams ein, weil es die meisten haben und weil die meisten im Homeoffice sind. Es hat aber nicht jeder ein Homeoffice bzw. Arbeitszimmer.
Bei manchen besteht der Hintergrund dann aus einer Küchenzeile oder sie sitzen im Wohnzimmer auf der Couch, einfach weil es bequem ist. Da spricht auch nichts dagegen.
Es gibt aber auch Kunden, die ihre Videokameras nicht benutzen möchten, obwohl sie könnten und das muss auch in Ordnung sein. Diese Sache, dass Leute nebenher etwas machen, kann man durch die Videokameras mitbekommen. Teams hat ja ein neues Update, dass man jetzt mehr als 4 Leute gleichzeitig sieht. Da merkt man dann auch, ob jemand nebenher was anderes macht und kann darauf eingehen.
Dann kommen wir noch zu den Kindern: Ich selbst habe drei Kinder und Anne hat auch Kinder zuhause, welche dann mal zwischendurch kommen und eine Frage haben. Hier war es schön zu sehen, dass das nie ein Problem war. Das hat eine ganz andere menschliche Qualität im Umgang miteinander gemacht.

Sebastian:

Mit der Kamera ein- oder ausgeschaltet haben wir ähnliche Erfahrungen: Wir haben Kunden und Partner, die nie die Kamera anhaben, weil sie es einfach nicht möchten. Das hängt aber auch stark damit zusammen, wie extrovertiert die Leute sind und ob man ein Problem damit hat gesehen zu werden oder sich selbst darzustellen.

Neben den Erfahrungen der letzten Wochen habt ihr die Zeit von Corona genutzt und euer Angebot ausgeweitet. Was hat sich bei Euch verändert?

Thorsten:

Wir hatten bereits vor Corona unser Consulting, das vorher im Projektmanagement gelaufen ist, als eigene Abteilung ausgegliedert. Die Landschaft dessen, was die Kunden von uns fordern, hat sich so stark verändert, dass wir unser Consulting-Team, sowohl im IT-Consulting als auch im Medien-Consulting, sehr gut auslasten und einbinden.
Wir konnten uns die Frage, ob wir diesen Bereich separat haben wollen, sofortig mit „Ja!“ beantworten. Wir sind ja ein Mediendienstleister und da läuft Beratung immer nebenher mit. Der Vertriebler, der vor dem Kunden steht, hat schon die ersten Beratungsdienstleistungen erbracht. Was sich über die Jahre herauskristallisiert hat ist, dass man am Ende einer langen Prozesskette nur noch die drei Klicks macht, die zum Ergebnis führen. Man verkauft dem Kunden aber im Grunde nicht den Klick, sondern das Know-How, wie man den Prozess überhaupt so aufstellt, dass am Ende eben nur noch der Klick gebraucht wird.
Das ist etwas, was aus unserer Erfahrung sowohl auf der Medienseite als auch von der IT-Seite, eine ganz andere Dienstleistung ist: Wie baue ich denn meinen PIM-Prozess aus? Wie ist der Lebenszyklus der Informationen im Unternehmen? Wenn ich Fotografien mache, an welcher Stelle macht denn eigentlich wer mit wem das Lookbook? Wie kann ich hier prozesstechnisch gewährleisten, dass alles glatt läuft? Wir haben festgestellt, dass Kunden bereit sind, viel früher darüber zu sprechen, und das ist super für die Projekte.

Anne:

Wir haben jetzt auch ein neues Keyvisual durch das dargestellt wird, wie die Expertisen in den einzelnen Geschäftsbereichen zusammenwirken. Die Consultants sind die Klammern, die das Haus zusammenhalten und verschmelzen und auch den Austausch herstellen.
Vor 20 Jahren waren wir einer der Pioniere im Digitaldruck in Deutschland und sind da auch im Bereich der One-to-One-Kommunikation früh gestartet, wo der Markt noch nicht so weit war. Jetzt, wo die Märkte in dieser Thematik reif sind, können wir diese Entwicklung aufgreifen, da das Thema Automatisierung und Individualisierung in der Kommunikation viel mehr Bedeutung bekommt. Geschätzt wird auch hier unsere Expertise in der Beratung. Aus diesem Grund haben wir den Bereich Digitaldruck neu positioniert und umbenannt in Print-Services.
Ein weiteres Thema greift auch noch in das Ganze ein. Wir haben erkannt, auch bei bestehenden Kunden, dass es immer mehr Anforderungen gibt, direkt konzeptionell tätig zu werden. Der Bereich ist jetzt seit einigen Monaten, mit LOFT als Kreativschmiede, im Aufbau und komplettiert das Home of Media. Individuelle und automatisierte Kommunikation können klassische Agenturen nicht abbilden, weil sie die Prozessexpertise, das IT-Wissen oder die Umsetzung nicht unter einem Dach abbilden können. Da sehen wir eine große Nische im Markt, die wir füllen und in die wir perfekt reinpassen.

Sebastian:

Dann bedanken wir uns für die Zeit und für das spannende Interview. Wir freuen uns schon mit euch live und ohne Headset auf dem priint:day ins Gespräch zu kommen.

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