„Thorsten, was macht eigentlich ein Senior Consultant?“ Thorsten im Gespräch mit Verena
Thorsten Rock, Senior Consultant, arbeitet seit vielen Jahren bei der priint Group | WERK II. Im Interview gibt er uns spannende Einblicke in sein „daily business“ und erläutert uns den Zusammenhang von Neugier, Flexibilität und Leidensfähigkeit.
Thorsten, Dietmar, Horst und ich kennen Dich schon seit Anfang der 2000 Jahre. Damals warst du noch bei empolis, bevor du dann 2006 zur priint Group | WERK II gewechselt hast. Was machst du heute bzw. wie haben sich deine Aufgaben im Lauf der Jahre verändert?
Als gelernter Schriftsetzer komme ich ja aus dem Bereich Design / Prepress. Dieses Wissen sollte ich bei empolis in der Qualitätskontrolle einbringen. Allerdings wurde sehr schnell klar, dass die Implementierung stattdessen mein Schwerpunkt werden sollte. Und damit war meine weitere berufliche Laufbahn für und bei der priint Group | WERK II geradezu prädestiniert.
Das heißt, dass die Projektimplementierung damals deine Kernaufgabe war?
Am Anfang bei WERK II war es ein bisschen so, dass jeder alles gemacht und gekonnt hat. Ein bisschen ist das bei mir auch so geblieben. Klar liegt mein heutiger Schwerpunkt als Senior Consultant eher in der Kundenberatung und in der Konzeption der Projekte. Doch die eigentliche Projektimplementierung mache ich teils noch immer.
Gibt es noch weitere Aufgaben, die du übernimmst?
Ja, zu meinen Aufgaben zählt auch die Dokumentation und die Schulung, wobei beide Bereiche teils immer mehr von Kolleginnen und Kollegen übernommen werden. Alles in allem sind meine Tätigkeiten sehr vielfältig. Und das ist es, was das tägliche Arbeiten für mich auch so spannend macht.
Was sind es für Projekte die du übernimmst? Oder andersrum gefragt: Welche Projekte übernimmst du überwiegend? Und inwieweit hilft dir deine Expertise und deine Ausbildung als Schriftsetzer bei den von dir betreuten Projekten?
Die Kenntnisse aus meiner Zeit als Schriftsetzer und meiner DTP-Arbeit kommen mir auch heute noch sehr zu gute. Ich fühle mich bei den gestalteten Publikationen, die unsere Kunden umsetzen fast mehr zuhause, als bei den vollautomatisierten Publikationen. Denn bei den gestalteten Publikationen geht es häufig darum, dass ich gestaltete Layouts von der manuellen Arbeit in die Automatisierung bringen kann. Das wirft Fragen auf, wie: „Wie hoch kann/muss der Grad an Automatisierung überhaupt sein, um einerseits automatisiert zu publizieren, andererseits aber die Individualität und die Gestaltung zu berücksichtigen. Das heißt, dass am Anfang immer die Analyse einer Publikationen steht. Gemeinsam mit dem Kunden schauen wir uns also an, an welcher Stelle es vielleicht zielführender sein könnte, das Design ein wenig zu verändern, um im Gegenzug die Automatisierung zu erleichtern. Meine Aufgabe ist es damit auch, den Kunden dahingehend zu beraten, was anders gemacht werden kann und sollte, um ihm die Arbeit zu erleichtern und seine Publikationen möglichst automatisiert zu erstellen.
Hast Du Beispiele aus der Praxis?
Ja, zum Beispiel bonprix. Bei bonprix haben wir diverse Herausforderungen. Eine davon liegt in der länderspezifischen Ausleitung der Publikationen. Denn derzeit publiziert bonprix Publikationen in 22 Sprachen. Und wir wissen alle, dass die Läuflänge verschiedener Sprachen mitunter stark variiert. Und natürlich wird der Content nicht einfach nur 1:1 übersetzt. Je nach Land werden Elemente aus den deutschen Publikationen inhaltlich übernommen, andere aber nicht. Das heißt, dass der Content nicht zu 100% identisch ist.
Und wie wurden diese beiden Herausforderungen bei bonprix gelöst?
Auch hier galt es im ersten Schritt die Layouts zu analysieren. Basierend auf den Resultaten haben wir gemeinsam mit bonprix ein Konzept erarbeitet, das neben der Berücksichtigung gestalterischer Aspekte einen größtmöglichen Automatisierungsgrad erlaubt. So haben wir beispielsweise in Bezug auf das PIM ein Übernahmemanagement entwickelt, das bspw. definiert, welche Seite aus dem deutschen Katalog für den russischen Katalog übernommen wird und welches Produkt dabei ausgetauscht werden muss.
In Bezug auf die Lauflänge bedeutet das typografische Richtlinien zu definieren. Wir wissen, dass die kyrillischen Schriften meistens etwas weiter laufen als die lateinischen Schriften. Also wurde definiert, dass im Falle einer Publikation für Russland die Schrift auf einer Breite von 90% läuft. Im Falle von Englisch zu Deutsch verhält es sich gerade anders herum. Englisch läuft 10 – 20% kürzer als Deutsch. Typografisch kann man dies z.B. über die Punktgröße ausgleichen. In der eigentlichen Arbeit kann das sehr viel Detailarbeit bedeuten.
Und auf welches PIM System setzt bonprix?
Bonprix hat ein komplett eigenes PIM geschrieben / programmiert. Das wurde noch weiterentwickelt, während wir gleichzeitig implementiert haben. So gesehen sind das bonprix PIM und die priint:suite eng miteinander verzahnt, da wir die Chance hatten, das PIM ein wenig mitzugestalten und gemeinsam mit bonprix die heutige Lösung zu erarbeiten.
Hast du auch ein Beispiel für eine stärker automatisierte Lösung, bei der das Design vielleicht nicht ganz so sehr im Vordergrund steht?
Ja, das ist bei unserem Kunden Roche der Fall. Roche produziert mit der priint:suite vollautomatisierte Beipackzettel, sog. „instructions for use“ für diagnostische Materialien. Natürlich ist das Layout auch hier nicht unwichtig, es ist aber eher Nebensache bzw. der Fokus liegt bei Roche nicht auf dem Design.
Umso höher aber sind die Anforderungen in Bezug auf die Sicherheit. Also dass sichergestellt ist, dass inhaltlich gesehen alles, was in so eine „instruction for use“ hineingehört, auch wirklich drinsteht. Dies haben wir bei Roche für verschiedene Produktgruppen und unterschiedliche Geschäftsbereiche so angepasst, dass wir möglichst automatisch auch die richtigen Daten ausleiten. Sicherheit spiegelt sich in der Medizintechnik natürlich in der absolut richtigen Ausgabe der Inhalte wider. Und das erreichen wir bei Roche höchst automatisiert.
Datenblätter sind ja für viele Unternehmen auch ein großes Thema hinsichtlich Zeit, komplexe Inhalte etc. Hast du hier ein Beispiel?
Ja. BASF Münster erstellt mit unserer Technologie über den PDF Renderer vollautomatisiert Datenblätter. Dabei geht es um Datenblätter für Lackprodukte von BASF Münster. Elementar wichtig sind bei diesem Kunden die Datenblätter in sehr hoher Anzahl stabil und fehlerfrei zu generieren. Wir sprechen hier von mehreren Tausend Datenblättern, die jährlich für verschiedene Lacke und Marken zu 100% automatisiert erstellt werden – in über 20 Sprachen, verschiedenen Corporate Designs und unterschiedlichen Seiteninhalten. Gerade bei dieser Vollautomatisierung stellt sich natürlich die Frage der Ansteuerung, also, wie das Rendering überhaupt angestoßen wird. Im Fall von BASF Münster wird die Produktion vom PIM-System aus über einen Webservice auf unserer Seite angestoßen. Denn gerade bei den stark automatisierten Publikationen stellt sich die Frage, wie die Wechselbeziehung zwischen der priint:suite und dem PIM- oder anderen Systemen beim Kunden funktioniert.
Dann wäre es doch gut, wenn wir im Auswahlprozess des Datensystems eingebunden wären oder nicht?
Ja, sicher. Das ist aber nicht der Regelfall. Im Idealfall werden wir frühzeitig in den Prozess integriert, so dass wir noch bei der Konfiguration unsere Anforderungen kundtun können. Denn häufig ist es so, dass die PIM-Anbieter datengetrieben auf die Struktur blicken, nicht aber designgetrieben, was für uns ja auch von Relevanz ist. Also in der Regel entscheiden sich Unternehmen für ein PIM-System und wir schauen, wie wir vorhandene Strukturen übernehmen. Und vielleicht muss noch die ein oder andere Änderung am PIM vorgenommen werden, gerade was die Schnittstellen betrifft. Aber wir arbeiten ja eh mit den großen PIM-Anbietern, wie Contentserv, hybris, informatica, Akeneo etc. zusammen, so dass es hier bereits Schnittstellen gibt, die eine problemlose Anbindung ermöglichen.
Wir haben ja jetzt das Release auf die priint:suite 4.2. Wird sich mit dem Release etwas hinsichtlich dem Ansteuern von PIM-Systemen verändern?
In der Tat. Seit Einführung der priint:suite 4 rückt das PIM-System ein wenig in den Hintergrund, da wir nicht mehr direkt auf das PIM zugreifen. In der priint:suite 4 ist es so, dass sich quasi zwischen dem PIM und der priint:suite das Entitätenmodell befindet. In der priint:suite 3 haben bzw. greifen wir direkt auf die Datenbankstrukturen des PIM zu. Doch diese verändern sich teilweise auch gerne mal von Version zu Version. Daher setzten wir heute auf das Entitätenmodell, das sich dazwischenschaltet.
Ganz generell gibt es in jedem Projekt natürlich technische Herausforderungen, die man sich anschauen muss. Zum Beispiel auch hinsichtlich der Workflows. In der neuen priint:suite 4.2 arbeiten wir jetzt mit Camunda, so dass der Kunde seine Workflows auch in der priint:suite modellieren kann.
Kannst du das Entitätenmodell bitte ein wenig erläutern?
Im Entitätenmodell werden die Daten, die im PIM-System sind und die später in einer Publikation ausgeleitet werden, modelliert. Und idealerweise modelliert man die Daten im Entitätenmodell bereits so, dass sie die Struktur der verschiedenen Medien, die man später ausgibt, abbildet. Das heißt, man modelliert bereits im Entitätenmodell die Struktur der Kataloge, Datenblätter etc.
Vereinfacht ausgedrückt werden im Entitätenmodell die Entitäten auf bestimmte Elemente im PIM gemappt.
Das war jetzt ein kleiner Ausflug in die Technik. Hierfür vielen Dank Thorsten. Doch nun zurück zur Praxis. Du hattest vorhin über einige unserer Kunden gesprochen. Unterstützt Du auch unsere Partner oder sind hierfür andere Kolleginnen und Kollegen von uns tätig?
Ich arbeite schwerpunktmäßig direkt für Kunden, vermutlich zu ca. 90% und nur 10% gemeinsam mit Partnern an Kundenprojekten. Auch Schulungen, die ich früher gemacht habe, werden heute von Kollegen übernommen. Natürlich stehe ich auch unseren Partnern immer unterstützend zur Seite, wenn in konkreten Projekten Probleme oder Fragen auftauchen. Das sind aber eher Ausnahmen.
Die Anforderungen unserer Kunden verändern sich laufend, die Marketinglandschaft erfindet sich täglich neu und unsere Software setzt immer wieder Meilensteine bei der Bewältigung kommunikativer Aufgaben, hinterfragt sich permanent und wird optimiert. Für eine neue Mitarbeiterin oder einen neuen Mitarbeiter sind das doch sicher große Herausforderungen und Hürden, oder? Was muss denn jemand mitbringen, der bei uns als Consultant anfangen möchte?
Neugier gepaart mit einer Portion Geduld, fast Leidensfähigkeit würde ich sagen. Wie bei allen Softwareprojekten haben wir manchmal Aufgaben, die wir natürlich nicht sofort und ad hoc lösen können. Da wird probiert, getestet etc. und dennoch bleibt im ersten Schritt der Erfolg einfach aus. Das kann manchmal auch frustrierend sein. Daher brauchen wir einfach ein gewisses Maß an Geduld und auch an Frustrationstoleranz. Dem gegenüber aber steht auch die Neugierde wie sich das Problem jetzt lösen lässt. Das heißt, die Highlights liegen wirklich darin, wenn wir für Kunden Probleme lösen konnten, die auch für uns im ersten Schritt eine große Herausforderung waren. Denn es klappt ja nicht immer gleich alles auf Anhieb. In meiner täglichen Arbeit lerne ich unglaublich viel und kann auch unheimlich viel beitragen. Und mir persönlich macht es einfach auch wirklich sehr viel Spaß Neues zu lernen und Neues einfach nach gemäß Trial & Error-Prinzip auszuprobieren. Und wenn es dann klappt, wenn ich bzw. wir im Team ein Problem lösen konnten, dann ist das auch unglaublich erfüllend.
Bei der Vielzahl an Kunden und der Vielzahl an unterschiedlichen Anforderungen habt ihr ja eine Menge an Aufgaben zu lösen. Auf der anderen Seite aber sitzt ihr ja nicht alle gemeinsam im Büro und könnt auch schnell austauschen. Im Gegenteil – mit Duisburg, Berlin, Würzburg etc. seid ihr räumlich sehr verteilt. Wie stellt ihr untereinander den Informationsaustausch sicher?
Ja, das ist tatsächlich ein Punkt. Wir haben festgestellt, dass wir manchmal fast parallel für unterschiedliche Kunden am gleichen Problem arbeiten, und dass wir davon aber untereinander gar nichts wissen. Neben unseren wöchentlichen Teammeeting, in denen wir über konkrete Herausforderungen und Projekte sprechen, haben wir 2021 ein Forum eingerichtet, in dem wir unsere Erfahrungen schreiben und mit Kolleginnen und Kollegen teilen. Und natürlich rufen wir uns auch ganz direkt an und schildern das Problem bzw. die Aufgabenstellung.
Und welche fachliche Expertise sollten neue Kolleginnen und Kollegen mitbringen?
Fachlich gibt es im Grunde keine besonderen Anforderungen. Mein persönlicher Vorteil in der Kundenarbeit ist sicher meine Kenntnisse im PrePress-Bereich. Aber ich könnte und würde den Job auch ohne diesen Background machen. Natürlich kann es auch nicht schaden, wenn Mitarbeiter schon mal programmiert haben. Dann ist der Einstieg sicher etwas einfacher. Auf der anderen Seite hatte ich selbst überhaupt keine Erfahrung im Bereich der Programmierung, als ich bei der priint Group | WERK II angefangen habe.
Wie schon erwähnt, ist die Neugier und die Geduld meiner Meinung nach wichtig. Flexibilität ist auch so ein Merkmal, das nicht zu unterschätzen ist. Man sollte so flexibel sein, sich Sachen anzusehen, Dinge zu analysieren, die bisher vielleicht nicht so angeschaut wurden. Es sollte eine Bereitschaft bestehen ständig dazuzulernen. Das zählt aber wieder zu dem Punkt der Neugierde. Denn natürlich verändert sich unsere Software auch laufend. Und gerade für Menschen, die wissbegierig und neugierig sind, ist das ideal. Mir wird es nie langweilig im Job.
Ich freue mich schon heute auf unsere neue Technologie mit dem priint Grid. Damit werden kundenseitens ganz andere Dinge möglich sein und für uns bedeutet das, neue Herausforderungen zu berücksichtigen.
Das ist doch ein schönes Abschluss Statement, Thorsten. Der Blick in eine spannende Zukunft. Ich danke Dir für dieses Gespräch.