Jetzt auch noch Tabellen?

Tabellen haben unter vielen Designern keinen guten Ruf. Nur schlipstragende Zahlenmenschen hantieren mit Tabellen. Sie sind mühsam zu formatieren und langweilig zu setzen. Im Webdesign sind sie geradezu der Inbegriff der überholten Arbeitsweise. Da konnte man fast froh sein, dass es ein Programm gibt, in dem man nichts mit ihnen zu tun bekommen kann: Illustrator.

Aber dann auch wieder nicht, denn in Illustrator werden viele Verpackungen gesetzt. Und was findet man gerade auf Verpackungen regelmäßig? Genau, Tabellen. Und auch wenn der Umgang mit den Tabellenfunktionen der üblichen Layoutsoftware nicht wirklich angenehm ist, gibt es doch noch etwas, was noch unangenehmer ist: Tabellen mit anderen Funktionen zu imitieren.

Zeigt die vielen lokalen Formatierungen an einzelnen Zeilen, die derzeit nötig sind. Zusätzlich braucht man etwas für den Hintergrund, in dem Fall eine interaktive Malgruppe. Sobald man etwas ändern muss, fällt alles auseinander.

Und natürlich kann man auch in Illustrator einige Linien ziehen und Texte dazwischensetzen und dann sieht das Ganze aus wie eine Tabelle. Wenn man es besser machen will, nimmt man eine interaktive Malgruppe und setzt den Text mit Tabulatoren. Aber es verhält sich immer noch nicht entsprechend. Das merkt man dann, wenn man dieses Konstrukt aktualisieren oder neu formatieren muss, wenn Daten importiert werden oder ganze Serien desselben Designs gebaut werden müssen.

Am schlimmsten zeigt es sich jedoch, wenn die Tabellenzellen keinen einheitlichen Umfang besitzen, sondern etwa abwechselnd ein- und zweizeilig sind. Da Textinhalt, Hintergrund und Ränder keine Einheit sind, auf die man Regeln anwenden kann, muss alles getrennt ausgewählt, positioniert und geändert werden.

Beispiel für zentral gespeiherte Formatierungsregeln, die sich "smooth" anpassen, wenn man eine Änderung macht und auch selbst einfach geändert werden können, falls erforderlich.

Aber eigentlich spielt es doch keine Rolle mehr, in welcher Software etwas gestaltet wird, denn die Druckerei sieht ohnehin nur das PDF. Das trifft leider bei Verpackungen nicht immer zu. Bei vielen Verpackungen kommt tatsächlich die Software zum Einsatz, die am besten für den Job geeignet ist, es spielen jedoch auch Workflowkomponenten in die Wahl der Software hinein.

Vor allem Verpackungen, die in Fernost gedruckt werden, müssen in Illustrator angelegt werden, denn die Druckereien verlangen AI-Dokumente. In anderen Fällen basiert der komplette Redaktions- und Abstimmungsworkflow auf Spezialsoftware, etwa von ESKO, sodass am Ende nicht nur die Verpackung, sondern auch die Beipackzettel – eigentlich als Layout ein typischer Job für InDesign – in Illustrator gesetzt werden müssen.

Für diese Aufgaben ist Illustrator nicht gut ausgestattet und die Tabellen sind dafür das herausragende Beispiel. Und hier kommt nun das neue Modul von priint ins Spiel, mit dem sich Tabellen direkt in Illustrator erstellen, formatieren und bearbeiten lassen.

Beim Testen des priint:illustrator Tables war es für mich nicht nur interessant zu sehen, wie gut es sich in den Workflow integrieren lässt, sondern auch, wie es das Modul schafft, unter den gegebenen widrigen Umständen Tabellen in das Programm zu bekommen.

Das Anlegen einer Tabelle verläuft wie von jedem Programm gewohnt: Man gibt ein, wie viele Reihen und Spalten man braucht und die Tabelle wird erstellt. Das priint:illustrator Tables legt dabei kein eigenes, proprietäres Objekt an, sondern verwendet das, was Illustrator bietet: Flächentexte und Rechtecke. Durch das Plug-In werden sie allerdings zu einer bearbeitbaren Tabelle verbunden, ähnlich wie auch Illustrators Diagramme eigentlich bloß Texte und Pfade sind. Das Ganze lässt sich dann mit den drei Bedienfeldern und den drei Werkzeugen auswählen und formatieren. Vorhandene Tabellendaten kann man allerdings nicht importieren.

Die Benutzeroberfläche erinnert sehr an InDesign. Wer das gewohnt ist, kommt mit den Optionen sehr gut zurecht. Mit den Werkzeugen kann man sogar nicht-benachbarte Zellen gleichzeitig aktivieren. Darüber hinaus gibt es Tabellen- und Zellenformate. Ohne Formate wäre der Umgang mit Tabellen auch generell nicht zu ertragen, denkt man an die Menge von Tabellen, die tagtäglich bearbeitet werden müssen. Die Formate können sogar auf anderen Formaten basieren, ein Konzept, das es für Illustrators native Text-Formate nicht gibt.  

Viele Tabellen – z.B. Gefahrgutkennzeichnungen – enthalten Grafiken oder sogar Grafik und Textelemente. Grafik kann man in Illustrator nicht nativ in Texten fließen lassen. Das priint:illustrator Tables bietet zumindest die Möglichkeit, eine Grafik (oder ein Bild) in eine Tabellenzelle einzufügen. Das kann auch ein PDF sein.

Vor dem Weitergeben der Datei muss die Tabelle umgewandelt werden, anderenfalls zeigt Illustrator beim Handling deutliche Performance-Einbußen. Das Umwandeln funktioniert wie bei Diagrammen: man hebt die Gruppierung auf. Daraufhin erhält man einzelne Textobjekte. Auch eine Umwandlung in Pfade ist möglich: dazu verwendet man Objekt > Umwandeln.

Es fühlt sich gut an, in Illustrator direkt mit Tabellen umzugehen. Allerdings merkt man auch, dass es keine native Funktion ist. Das Modul macht das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten und baut daraus eine gute Möglichkeit für die Formatierung. Es bräuchte einige Verbesserungen in Illustrators Texthandling, damit Tabellen sich wirklich flüssig handhaben ließen.

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